Letztes Jahr haben wir eine Reihe von Aluminium-Tränenblechen geschnitten. Dabei geschah etwas Auffallendes: Der Bereich hinter der Säge blieb flach, doch das Stück vor der Säge bog sich krumm. Auf den ersten Blick war keine Spannung vorhanden, aber Spannung ist ein seltsames Phänomen. In diesem Fall ging es darum, wie die Spannung in dem Blech verteilt war: Wenn dies gestört wird, tritt die Spannung an anderer Stelle auf.
Ich erhalte regelmäßig Fragen zu Spannung in Aluminiumblechen. Man kann die Spannung nicht am Aussehen eines Blechs erkennen, aber eine Spannung ist immer vorhanden. Man kann sie jedoch spüren, vor allem bei den dünneren: Wenn man das Blech anhebt, fühlt man eine Art „Klick“. Das bedeutet, dass es beim Anheben einen leichten Knick bekommt.
Wenn es um die Spannung in Aluminiumblechen geht, sollte man zwischen zwei Arten von Blechen unterscheiden:
1. Gewalzt, zu unterscheiden in aushärtbare und nicht aushärtbare Legierungen
2. Gegossene Platten
Spannung bei Walzblechen
Bei dünneren Walzblechen wird die Spannung beim Richten des Materials verteilt. In diesem Fall kommt das Blech flach von der Abcoilanlage. Wenn man ein Blech schneidet, laserschneidet oder sägt, kann es vorkommen, dass sich das Blech plötzlich wölbt. Dabei kann das Material gegen den Laserkopf stoßen. In der Regel können diese Bleche auf einer sogenannten Rollenrichtmaschine nachgerichtet werden.
Die dicken Platten – oft aus aushärtbaren Legierungen – werden meist gefräst, geschnitten oder gesägt. So haben wir beispielsweise einen Aluminiumblock von 60x80 mm im Sortiment. Wenn wir diesen fräsen, könnte er sich krümmen. Bei aushärtbaren Qualitäten wie 6082 tritt dies regelmäßig auf.
Dazu kommt es häufig beim Bohren oder Gewindeschneiden in eine Platte. Doch besonders bei einseitigem Fräsen oder beim Anbringen einer Aussparung bleibt sie nicht mehr 100 % flach. Wenn die Bearbeitung abgeschlossen ist und das Material aus der Spannvorrichtung genommen wird, kann es sich konvex oder konkav krümmen.
Da das Material bei der Herstellung schnell abgekühlt wird, entsteht Spannung: Die Moleküle wollen sich Raum verschaffen, aber können das nicht. Das Tückische ist, dass dies nicht immer passiert. Es kann zehn oder zwanzig Mal gutgehen – und dann plötzlich ein Mal nicht. Das ist ärgerlich für den Kunden und es kommt dann meistens zu einer Reklamation.
Man kann die Spannung teilweise eingrenzen, indem man die Bearbeitung abändert. Zum Beispiel durch geringere Zerspanung. Zerspanung kann nämlich zu Spannung im Material führen.
Spannung in gegossenen Platten
Bei gegossenen Platten tritt seltener Spannung auf. Darüber erhalten wir nahezu keine Reklamationen. Dabei geht es jedoch auch um andere Qualitäten, die viel weniger spannungsanfällig sind. Das lässt sich vor allem auf die Herstellungsmethode zurückführen. Dabei spielt auch die Homogenität eine Rolle: Je homogener das Material, desto geringer die Spannung.
Wir bekommen manchmal Blechlieferungen zurückgeschickt, weil sie an der Seite gewölbt sind. Wenn man das Blech auf einen flachen Tisch legt, ist es durch sein Eigengewicht nahezu flach. Die Spannung bleibt jedoch bestehen. Eine Wölbung bedeutet nicht immer, dass sich eine hohe Spannung in dem Blech befindet. Es kann auch einfach sein, dass es bei der Herstellung unzureichend gerichtet wurde.